Zu diesem Schluss kommen Forscher der kürzlich der Insolvenz nahen Universität Witten/Herdecke aus einer Untersuchung von 35 Patienten, die mindestens ein Medikament regelmäßig einnehmen. Sichtbar wurde dabei, wie diese gesetzlich geforderten Begleitinformationen wahrgenommen werden und welche Ansprüche Patienten an diese Informationen stellen.
"Das Image von Beipackzetteln ist bei Patienten sehr schlecht, was sowohl Optik und Aufmachung als auch die Verständlichkeit betrifft", so Petra A. Thürmann, Studienleiterin und Pharmakologin am Klinikum Wuppertal. Beipackzettel seien zu lange und zu umfangreich, Gesuchtes werde nicht gefunden und Gefundenes nicht gelesen. Das habe zur Folge, dass Medikamente oft unangetastet bleiben oder im Müll landen. "Viele Patienten werden bei Unsicherheiten jedoch auch kreativ, suchen im Internet oder in Ratgeberbüchern oder fragen Bekannte, denen Sie Kompetenz zugestehen." Der Gang zum Hausarzt, der das Mittel verschrieben hat, werde aus Zeitgründen kaum gemacht.
Thürmann schätzt, dass die Hälfte der Packungsbeilagen gar nicht studiert werden. "Besonders wer über lange Zeit Medikamente einnimmt, liest die Angaben nicht immer." Die aktivsten Beipackzettelleser seien Mütter, die für ihr Kind ein neues Medikament verordnet bekommen. Auch bei älteren Ehepaaren sei es oft die Frau, die sich über Medikamente des Mannes genauer informiert und diesem die Tabletten auch zur Einnahme vorbereitet. "Männer lesen die Texte weniger und haben allgemein weniger Bedenken gegenüber den Medikamenten. Fraglich ist jedoch, ob sie deshalb häufiger Tabletten nehmen", so Thürmann.
Als Wünsche der Patienten zeigten sich vor allem Verbesserungen der Grafik und Textstruktur. "Erst durch die Schaffung deutlicher Absätze können nicht relevante Informationen, die etwa nur Kinder oder Schwangere betreffen, übersprungen werden", so Thürmann. Auf wenig Interesse stoße die lange Liste der Nebenwirkungen, prägnantere Formulierungen oder eine Verdeutlichung durch Bilder oder Skizzen sei eine bessere Alternative. "Gewünscht wird besonders eine Reihenfolge, die der Relevanz für das Leben auch entspricht. Statt Nebenwirkungen sollte an erster Stelle Informationen stehen, die man beim Arzt gehört und dann vergessen hat - ob ein Medikament etwa vor oder nach dem Frühstück einzunehmen ist." Die Ergebnisse fließen nun in Beipackzettel-Muster ein, die gemeinsam mit einem Grafikbüro erstellt und wieder an Patienten getestet werden sollen.
Packungsbeilagen waren über lange Zeit in erster Linie an Ärzte gerichtet und stellen juristische Absicherungen der Hersteller dar gegen Klagen wegen fehlender Information. "Diese Praxis wurde lange Zeit kaum hinterfragt und der Gedanke, dass Medikamenteninformationen für Patienten sind, ist noch sehr jung", so Thürmann. 2004 erstellte die Europäische Union eine Direktive, wonach Beipackzettel vor der Veröffentlichung eines Medikaments an Patienten nach Verständlichkeit getestet werden müssen. Das werde bisher jedoch sehr variabel gehandhabt und gelte darüber hinaus nur für neue Medikamente, gibt die Forscherin zu bedenken.