Oben beschriebenes Szenario beschreibt Jindrich Styrskýs aufwühlendes Ölgemälde Trauma der Geburt. Das Absurde, das Animalische und die unausweichliche Nähe von Leben und Tod, spiegeln sich in diesem Werk mehr als beeindruckend wieder.
Über den berühmtesten Schnitt der Filmgeschichte, dem Schnitt durchs Auge aus Dalis Klassiker Der andalusische Hund, über beeindruckende Gemälde, bis zu einer bis ins letzte Detail nachempfundenen Teilrekonstruktion einer Surrealismusausstellung von 1938, in der der Ausstellungsbesucher plötzlich Teil des Kunstwerks ist, präsentiert das Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen Werke, die Eindruck hinterlassen.
Nicht als eine bestimmte Stilrichtung sondern vielmehr als Lebenshaltung kann man das Schaffen der Surrealisten verstehen. Dennoch gibt es eine Tendenz, die sich in nahezu allen Werken der Vertreter finden lässt: Das Spiel mit dem Unbewussten, mit einer Traumwelt, die sich jeglicher Vernunft entzieht.
Provokativ bezeichnet René Magritte in Die schnelle Hoffnung willkürliche Formen als arbre und nuage. Auch als das Werk eines Kleinkindes könnte es durchgehen und entzieht sich so jeglichem vorangehenden Kunstverständnis.
Typisch für das Absurde und die völlige Verwirrung des Betrachters ist auch das Ölgemälde Trio von Victor Brauner. Ein Phantasiewesen, das die Arme auf dem Allerwertesten trägt, dargestellt durch intensive Farben. Das einzelne, überdimensionale Auge, das auch in seinen anderen Werken häufig wiederkehrt, spiegelt Teil seiner Lebensgeschichte, in der er selbst sein linkes Auge bei einer Schlägerei verloren hat. Kompositionen, Formen und Farben scheinen keinen Sinn zu ergeben, entziehen sich der menschlichen Logik und Vorstellungskraft.
Der Fokus der Sonderausstellung liegt nicht nur auf der Geburtsstadt des Surrealismus Paris, sondern ebenso auf Tschechiens Hauptstadt Prag, aus der beispielsweise die überaus talentierte Toyen stammt, eine der wenigen, erfolgreichen Frauen dieser Zeit.
Ihr Werk Der Paravent greift die Sexualität der Frau auf, ein sehr beliebtes Motiv der Surrealisten. Die Künstlerin stellt die Frau als sexuelles, tierisches Wesen dar, was der Auffassung der damaligen Zeit gerecht wird. Auf sehr emotionale Weise stellt sie dar, wie sie in einer Welt gesehen wurde, in der sie sich nur durch einen geschlechtsneutralen Künstlernamen gegen die männliche Konkurrenz durchsetzen konnte.
Dass der Surrealismus weitaus mehr ist als Gemälde und Skulpturen und dass sich damit sogar richtig Asche machen lässt, beweist die Designerin Dorothe Schumacher. Von den Surrealisten inspiriert, hat sie es sich zur Aufgabe gemacht die Gefühle, Sehnsüchte und Träume der Frauen in ihrer Mode fassbar zu machen. In acht Vitrinen ist Schumacher, die eine eigene Boutique in Mannheim besitzt auf der Ausstellung vertreten.
Schockeffekte, Absurdität und das absolut Unvernünftige. Die dabei oft erzeugte Grausamkeit surrealistischer Werke wird bewusst eingesetzt.
Riskiert man jedoch einen zweiten Blick erkennt man schnell das überaus detaillierte, künstlerische Schaffen, das hinter so einem Bild, einer Skulptur oder Installation steht. Und fühlt sich vielleicht ertappt, da diese Absurdität, das Begehren und das Unvernünftige im tiefsten Inneren eines Jeden vorhanden ist. Gerade deswegen ist der Surrealismus eine Richtung in der Kunst, die bis heute nicht an Aktualität eingebüßt hat.
Die Ausstellung Gegen jede Vernunft. Surrealismus Paris Prag ist noch bis zum 14. Februar 2010 im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen zu sehen.
Zur Website gehts hier:
http://www.surrealismus-ludwigshafen.de/
Zahlreiche surrealistische Werke mit dem Schwerpunkt Fotografie lassen sich außerdem im Kunstverein Ludwigshafen bewundern.
Studenten genießen, bis zum Ende der Ausstellungen den Privileg jeden Tag für einen ermäßigten Eintritt von 5 Euro diese zu besuchen.
Parallel findet die Ausstellung Surrealismus und Wahnsinn in der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg statt.
Und was hat denn eigentlich die Psychoanalyse Freuds mit dem Surrealismus zu tun? Interessante Erkenntnisse gibt''s hier:
http://mannheim.schneckenhof.de/EventDetail?eventI d=36057