Nein, meine eigene Zauberflöte werdet ihr heute nicht zu sehen bekommen.
Als Hans Blomberg, zum ersten Mal an diesem Abend die Bühne betritt, wird er gefeiert wie ein Superstar. Der Radiomoderator hat es tatsächlich geschafft. Er steht auf der großen Opernbühne. In einem grellbunten, hautengen Ganzkörpertrikot hüpft er frech und provokativ durch das meistgespielte Werk der Operngeschichte, Wolfgang Amadeus Mozarts Zauberflöte.
Die Zauberflöte ist Volkstheater, Märchen und Aufklärungsparabel. Und an diesem Abend noch ein bisschen mehr. Ein Kulturschocker. So nennt das Nationaltheater Mannheim die Kooperation mit dem Jugendsender BigFM. Ziel war es, junge Menschen in die Oper zu locken. Wir realisieren eine Dramaturgie, die in der Lage ist, auf ungewöhnliche Weise Generationen über das Thema Oper zu verbinden, so Kristian Kropp, Geschäftsführer von BigFM und RPR1.
Und diese sind an diesem Abend durchaus zusammengekommen. Herausgeputzt hatten sich alle. Ganz traditionell aber eben auch ganz anders. Frei nach dem Motto des Radiosenders Wir lieben das Neue, war an diesem Abend jede Art von Garderobe erwünscht.
Nicht neu war die Story. Vor einem beeindruckenden Bühnenbild und mit tollen Kostümen wird die Geschichte vom Prinzen Tamino und dem Vogelfänger Papageno erzählt, die gemeinsam die Tochter der Königin, Pamina aus den Händen des Fürsten Sarastro retten sollen. Tamino erhält dafür die berühmte Zauberflöte. Und bis zur endgültigen Rettung ist es eine lange Zeit.
Der Morgenhans warnt die Operneulinge gleich am Anfang vom möglichen Schockerlebnis. Ja, drei Stunden müssten sie jetzt Sitzfleisch beweisen. So lange wie bei Avatar. Nur ohne die blauen Menschen.
Das Geheimnis um seine, bis zur Aufführung geheimen Rolle ist gelüftet. Im Priesterkostüm betritt er die Bühne und die Resonanz auf ihn ist unglaublich. Unter tosendem Jubel erntet er am Ende der Aufführung mindestens genauso viel Applaus wie die alten Hasen auf der Bühne.
Ob er sich diesen verdient hat ist eine andere Frage. Nach Großankündigung des Radiosenders Big FM, der den Morgenhans auf die großen Bretter dieser Welt geschickt hat, musste der sich gestern zwischen den Profis beweisen. Dass es soweit kommen konnte, hat er unter anderem großen Sängern wie Xavier Naidoo und Cassandra Steen zu verdanken, bei denen er extra für seinen Auftritt Gesangsunterricht nahm. Beim zweiten Anlauf hatte dann auch das Nationaltheater ein Nachsehen und das Projekt Kulturschocker war geboren. Damit hätte niemand gerechnet. Am wenigsten Sido. Blöd nur, dass er eine Wette mit Hans Blomberg abgeschlossen und verloren hat.
Also hatte auch er an diesem Abend seinen großen Auftritt. Der Schockeffekt könnte nicht größer sein, als er direkt nach den Priestern mit Jeans, Turnschuhen und Sonnenbrille gewohnt lässig auf der Bühne erscheint.
Das Nationaltheater erhofft sich, mit dem Kulturschocker eine Publikumsschicht zu erreichen, die bisher niemals in die Oper gegangen ist und für die die klassische Oper ein Schockerlebnis sein könnte, das ihnen Augen und Ohren für eine Erfahrung öffnet, so Prof. Dr. Klaus-Peter Kehr, Operndirektor des Nationaltheater Mannheim.
Insgesamt war die Veranstaltung dann wirklich eher für die Jugend ein Schock, als dass Sido und der Morgenhans die opernfeste Generation beindruckt hätten. Denn hauptsächlich war es traditionelle Oper an diesem Abend. Die Story wird durchgezogen.
Der verliebte Tamino erfährt, dass Sarastro gar nichts Böses im Schilde führt. Dieser hat Pamina nur entführt, um sie vor der bösen Königin der Nacht zu bewahren, die den Tempel zerstören will. Am Ende geht aber alles gut und selbst Papageno findet noch zu seiner Papagena. Die böse Königin der Nacht wird überwältigt.
Ende gut. Alles gut. Noch besser wirds dann beim großen Finale. Da performt er noch einmal, der Gangsterrapper Sido. Der Saal tobt, und selbst die Operndarsteller, ob Priester oder Dienerinnen der Königin schwingen (mehr oder weniger) gekonnt die Hüften.
Nur die Forderung nach Zugabe wird nicht erfüllt. Das sollte den jungen Leuten vielleicht noch gesagt werden. Die gibt es in der Oper nicht. Wäre aber durchaus eine Überlegung wert. Fürs nächste mal. Die Zauberflöte, ausnahmsweise nicht in zwei, sondern in drei Aufzügen.