Das Echtzeitweb hat den Nachrichtenkonsum markant verändert. Der Aufstieg von Twitter und Co hat die Masse an Online-Informationen noch einmal vergrößert und vor allem beschleunigt. Für den Nutzer ergibt sich daraus eine schier unbewältigbare Menge an News, die ohne Unterbrechung Nachschub liefert. Netzexperte Nicholas Carr sieht im Real-Time-Web eine Art Überforderung. Es reduziere die Fähigkeit der User, Content noch tiefgreifend zu erfassen, schreibt Carr in einem Gastbeitrag für das Wired Magazin.
Der Internetexperte schlägt unter anderem vor, dass Webseiten und Blogs Hyperlinks generell an das Ende eines Artikels setzen sollten, weil diese den User beim Lesen ablenken und Inhalte dadurch schlechter erfasst werden. Inwiefern dies tatsächlich der Fall ist, lässt sich nicht beantworten. Klar ist jedoch, dass die Nutzer neue Strategien brauchen, um mit dem Nachrichtenüberfluss zurechtzukommen.
Social Web bringt Unruhe
Das Social Web liefert heute zusätzlich zu herkömmlichen Webseiten Informationen, die den Leser nahezu im selben Moment erreichen, in dem sie veröffentlicht wurden. Einerseits bringt dies einen breiteren Überblick, andererseits entsteht eine große Unruhe durch die ständig neu eintreffenden Informationen, sodass der Leser leicht abgelenkt wird. "Die Veränderungen durch das Echtzeitweb sind nicht reversibel. Unser Informationskonsum hat sich durch Facebook und Twitter bereits verändert - diese Entwicklung wird sich mit der stärkeren Durchdringung des mobilen Internets sogar noch beschleunigen", meint Social-Media-Experte Günter Exel.
Das führe zu einer Reihe ernst zu nehmender Herausforderungen - für den Einzelnen sowie für die Gesellschaft. "Mediennutzer müssen lernen, den News-Fluss zu scannen und einzelne Informationen in kürzester Zeit auf ihre Relevanz zu filtern. Das Know-how zum Filtern - maßgeschneiderte News auf Portalen, Twitter-Listen, etc. - wird zum Schlüssel gegen die Überforderung", so Exel.
Informationsflut hat volkswirtschaftliche Relevanz
Die Informationsflut wirkt sich nicht nur auf den einzelnen User aus. "Das Thema hat - Stichwort Produktivität - auch volkswirtschaftliche Relevanz und verlangt ein völliges Umdenken auf breiter Ebene", betont Exel. Zudem avanciere der Umgang mit dem Echtzeitweb und dessen Informationen zur wichtigen Kulturtechnik. "Schulen, Medien und Wirtschaft wären gut beraten, ihre Schützlinge fit für den Umgang mit dem Real-Time-Web zu machen."
Richtig filtern
Im Echtzeitweb muss mit Disziplin und Know-how gefiltert werden, meint Exel. Dazu wären drei Punkte zu empfehlen. Erstens müssen Informationskanäle gefiltert werden. So gelte es, ein großes Netzwerk zu knüpfen, aber nur die unbedingt notwendigen Quellen regelmäßig zu lesen. "Es empfiehlt sich außerdem regelmäßig zu entmisten. Wenn Accounts nichts Relevantes mehr liefern, bloß keine Scheu vor dem Klick auf Unfollow oder Unlike. Auch Meldungen von Facebookfreunden lassen sich verstecken, ohne ihnen gleich die Freundschaft zu kündigen", rät Exel.
In Sachen Disziplin geht es vor allem um Zeitmanagement. "Man soll sich fixe Zeiten für den Konsum von Social Media vornehmen und diese auch einhalten. Sollten sich die ersten Anzeichen einer Sucht einstellen, sind internetfreie Auszeiten ratsam", schließt der Experte.
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