Artikel: Unterhaltsam und tolerierbar[ Kolumne ]
11.03.2012  |   Klicks: 2863   |   Kommentare: 0   |   Autor: Lotta
Unterhaltsam und tolerierbar
Bastian Sick macht mit seinem Programm "Nur aus Jux und Toleranz" im Capitol Station.
Die meisten dürften ihn kennen, auch wenn ihnen der Name zuerst nichts sagt: Bastian Sick, der mit "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" und seiner Spiegelkolumne "Zwiebelfisch" bekannt wurde. Mit dem selbstbewussten Slogan "Sie wünschen kluge Unterhaltung? Wir bringen Sie" wird seine aktuelle Tournee beworben. Klingt doch eigentlich ganz vielversprechend...

Vorab sei gesagt - Vermutlich bin ich durch die vorherigen Lesungen ein wenig geschädigt, denn sowohl der Literaturkritiker Denis Scheck als auch Politikkabarettist Bruno Jonas spielen eindeutig in einer anderen Liga und auf einem anderen Niveau. Während dort beständige Konzentration vom Publikum gefordert wird, bietet Sick leicht verdauliche und unterhaltsame Kost, die auch nach einer langen arbeitsreichen Woche nicht schwer im Magen liegt. (Sick selbst nennt es eine freiwillige Doppelstunde Deutsch am Freitag Abend.)

Videoeinspielungen mit Umfragen zur Rechtschreibungen (Wie schreibt man eigentlich Accessoire und Bolognese?) stehen am Anfang der Reise durch die Irrungen und Wirrungen der deutschen Sprache. Anknüpfend kommt Sick zu Vornamen, Namen und den damit verbundenen Assoziationen, die er abermals mit Bildmaterial unterlegt. Da gibt es dann den Reifenhandel "Platt", das Kosmetikinstitut "Pickel" oder den Zahnarzt "Dr. Qual". Soweit so gut.
Die erste halbe Stunde überlege ich fieberhaft, an wen mich diese Art und Weise zu sprechen eigentlich erinnert, bis es mir schlagartig klar wird: Günter Jauch. Bastian Sick klingt in seiner Intonation eindeutig wie der ehemalige Moderator von Spiegel-TV und wenn ich die Augen schließe... ja, passt.
Und genau hier ist auch schon das erste Manko der Show: Der "Moderator" ist ersetzbar bzw. austauschbar. Was hier präsentiert wird, könnte auch ein eloquenter Jauch, der zudem wohl weit weniger abhängig von seinen Notizzetteln wäre. Was Sick hier mit Video- und Bildmaterial bietet, ist zwar unterhaltsam und kommt beim Publikum gut an, erfordert aber schlich keinen Life-Auftritt. Als Hörbuch oder im Fernsehen wäre das Ganze ebenso nett.
Sein Fragespiel "Wie gut ist Ihr Deutsch?" mit dem Publikum fördert dann zwar doch noch die oder andere Überraschung zu Tage (Richtig heißt es Ladys, nicht Ladies; und das Congress Centrum wird bei uns korrekt Kongresszentrum geschrieben).

Rechtschreibung, Kommata und Bindestriche können für Klarheit sorgen – müssen es aber nicht, wie der Kolumnist erfolgreich beweist.
Denn schon geht es wieder zum Bildmaterial, das uns die Missverständnisse des Alltags – bevorzugt des deutschen Lebensmitteleinzelhandels- vor Augen führt. Da gibt es "Fluch-Mangos", "Boss-Kopf-Äpfel", "Ananananas", die Unterwäsche von "Schisser" und als Krönung "American Cheese-kacke". Amüsant allemal, aber auch das könnte man problemlos als Buch vermarkten (Moment, da fällt mir auf – das hat er ja schon....)

Anhand des Übergangs vom Einfluss des Französischen auf die deutsche Sprache hin zum Englischen, belegt Sick dann, dass Gott wohl jetzt in Amerika wohnt, erklärt was ein "Vonitiv" ist und wie die Kombination augenscheinlich richtiger Fakten zusammen ad absurdum führen können.
Am Ende des Abends ist das Publikum zufrieden, der Moderator auch und der ein oder andere Selbsttest "Wie gut ist Ihr Deutsch?" wandert ebenfalls noch über die Theke.

Mein Fazit: Eine Stunde Straßenumfrage bei TV-Total, ein paar Minuten Jauch und dazu eines der Werke von Bastian Sick sind deutliche günstiger und ebenso ergiebig. Nett, aber nicht notwendig!
 
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