Hey Hey Wickie
Hey Wickie Hey
Zieh fest das Segel an
Hey Hey Wickie die Wikinger
Sind hart am Winde dran

Ich hab den Text als Kind immer falsch verstanden:
„sie fässt das Segel an“ statt „zieh fest das Segel an“.

So kam ich zu dem Schluss, es müsse sich bei Wickie um ein Mädchen handeln, das sich verkleiden musste, um bei seinem Vater Halvar auf dem Wikingerschiff mitfahren zu dürfen.

Yentl im Nordmannenmilieu sozusagen.

Dazu passte auch die androgyne Haarpracht von Wickie.
Als ich dann eines Tages die blumentupfgleiche Frisur von Andrea Merkel sah, wusste ich: wieder eine Frau, die sich als Junge verkleiden muss, um in einer Welt von vermeintlich starken Männern bestehen zu können.

So prägte „Wickie und die starken Männer“ Kindergemüter und lehrte, was in ausweglosen Situationen zu tun war:
Wickie zog sich einfach eine Linie Koks in die Nase und schon fielen die Sternchen vom Himmel und die Kreativität sprudelte.
Prinzip Werbeagentur.

Yeah, Wickie, Yeah, geniale Ideen können furchtbar einfach sein.

Man nehme ein paar versprengte Norweger von der Uni, stecke sie in Jutesäcke, verpasse ihnen Wikingerhelme aus Plastik, besorge von „Luft und Liebe“ zwei Heliumflaschen und viele bunte Luftballons, und kaufe die Lachs- und Aquavitvorräte im Schwedenshop von IKEA Walldorf leer („Gravad Lax“ 4,50 EUR, „O.P.Anderson Aquavit“ 9 EUR).

Im sommerheißen Schneckenhof die Chose mit Musik bis zum Siedepunkt bringen und dann den Aquavit langsam dazukippen, bis jeder – aber absolut und ausnahmslos jeder und jede – der 4000 Besucher im Hof nur noch den Laut „Skol!“ (schreib: „Skal! mit o auf dem a“) artikulieren kann.


Ende der Neunziger schwor ich mir nach einer Norwegerfete allerdings: „Nie wieder!“

Ich hatte das wahnwitzige Experiment gewagt und blieb während der Norwegerfete nüchtern.
Mit geschätzten 0,000 Promille im Blut hielt ich es bis knapp vor Mitternacht aus, besah mir noch einmal fassungslos die 3999 schwankenden Mitmenschen im Hof...

Und ging unbekümmelt nach Hause.

Nicht ohne mir zu schwören:
Nie wieder! Nie wieder nüchtern auf eine Norwegerfete.


Die Norwegerfete ist der LSD-Trip für jedermann, der unverbindliche Schnupperkurs in rauschhafter Ekstase, mit garantierter Rücktrittsmöglichkeit in die Realität am nächsten – na ja, am übernächsten Tag.

Im Dunkeln, zwischen Ost- und Westflügel des Mannheimer Schlosses, munkelt es sogar, die Norweger seien die ersten gewesen, die den Schneckenhof befeierten.
Die aller erste Fete, der erste Donnerstag mit Norwegern, wäre somit der Vater(tag) aller Feten im Scheckenhof; die Norwegerfete die Urzelle, aus der die heutigen Feten ans Rheinufer krabbelten, Urknall des Schneckenhof-Universums.


In der 1204jährigen Tradition der Wikinger hinterlassen die Norweger vom Kümmelschnaps verbrannte Kehlen, neben rauchenden Trümmerfeldern hingemeuchelter Gehirnzellen.
Die kostenlosen Käse-Lachs-Brötchen liegen auf der Wiese vor dem Torbogen achtlos weggeworfen, Fetenbesucher wachen morgens im Waldpark neben einer schnarchenden Norwegerin auf, und über dem verwüsteten Hof dümpelt das strohig ölige Aroma von Jutesäcken und IKEA-Fisch.

Weggeworfenes Essen, Alkoholmissbrauch, freundliche Bedienungen, Lebensmittel von IKEA – die Norweger brechen in Mannheim mit jedem Tabu, das sich die Deutschen je ausgedacht haben.

Im nächsten Jahr kommen sie dann wieder mit ihrem Drachenboot aus Flake den Rhein heraufgefahren und fangen von vorne an.

Hey Hey Wickie !